06.02.2025 Projects
(erh) Wie kann man dem Vergessen entgegenwirken? Indem man dem Unbekannten ein Gesicht gibt. Als Ilse Siebel, engagierte Oldesloerin im Bündnis gegen Rechts, davon erfuhr, dass der Bahnhof in Bad Oldesloe im Dritten Reich als norddeutsche Sammelstelle für deportierte Jüdinnen und Juden ins Ghetto Riga fungierte, wollte sie mehr darüber wissen. Also begann sie, zu recherchieren und erfuhr, dass am 6. Dezember 1941 still und ohne großes Aufsehen, Züge aus Hamburg, Neumünster, Kiel und Lübeck hier in Bad Oldesloe zusammengekoppelt und so 905 Juden in den Osten deportiert wurden. Diesen Menschen wollte sie ein Gesicht geben. Gemeinsam mit den Lehrkräften für Gemeinschaftskunde Claudia Schecker und Daniel Werstat der Beruflichen Schule in Bad Oldesloe wurde aus dieser Idee ein Projekt. Mithilfe von alten Deportationslisten aus den Arolsen Archives, dem weltweit größten Archiv zu Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus, sollten die Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Gymnasiums des 11. Jahrgangs der Profile Ernährungswissenschaft (EG) und Ingenieurswissenschaften (TG) Biografien erstellen. Zunächst wählten sich die Jugendlichen einen Namen aus und dann ging es ans Recherchieren. Jede erhaltene Information war ein kleiner Erfolg und ebnete oft den Weg für weitere Informationen, sodass am Ende zehn Biografien erstellt werden konnten und die Opfer eine sichtbare Historie erhielten. „Es ist klasse, dass wir als Schule die Möglichkeit hatten, an diesem Projekt teilzunehmen. So verstehen die Schüler besser, Wer ist deportiert worden? Wohin sind sie deportiert worden? Wie ist der Werdegang der einzelnen Person?“, resümiert Claudia Schecker.
Zum 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Ausschwitz erinnern die Omas gegen Rechts Oldesloer für Demokratie zusammen mit dem Förderverein Judentum Schleswig-Holstein an diese Judendeportation, indem sie die Namen der Deportierten sichtbar machen. Hier leisten die von den Schülerinnen und Schülern erstellten Biografien als Teil einer aktuellen Ausstellung im Oldesloer Kultur- und Bildungszentrum (KUB) einen großen Beitrag. Zum Projektabschluss trafen sich die jungen Teilnehmenden mit Ilse Siebel am Ort des schrecklichen Geschehens – dem Oldesloer Bahnhof. Seit einem Jahr steht dort auch eine Gedenktafel, die sowohl über die Deportationen aus Bad Oldesloe informiert als auch an ihre Opfer erinnert. Diese Projektarbeit erfüllt Slava Grincu (Schüler des EG) mit Stolz, da durch das Untersuchen der Vergangenheit etwas Neues entsteht. „Wir vergessen es nicht und versuchen, es weiter an andere Generationen zu geben.“ – Erinnern hat kein Ende!
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Besuch des NRD in der Projektarbeit
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Schülerinnen u. Schüler präsentieren die Biografien im KUB